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Kündigung wegen Eigenbedarfs

veröffentlicht am: 10.07.2025

Vermieter, die ihren Mietern wegen Eigenbedarfs oder eines anderen berechtigten Interesses kündigen, müssen damit rechnen, dass diese der Kündigung widersprechen – zum Beispiel mit dem Hinweis auf gesundheitliche Härte, etwa wegen Depressionen oder Suizidgefahr. Bisher verlangten viele Gerichte für solche Härtefälle ein fachärztliches Attest.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit Urteil vom 16. April 2025 (VIII ZR 270/22) klargestellt: Das Attest eines Facharztes ist nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist allein die inhaltliche Qualität und Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Einschätzung – nicht die formale Qualifikation des Ausstellers. Das heißt: Auch Heilpraktiker mit psychotherapeutischer Erlaubnis oder andere therapeutisch tätige Personen können eine wirksame Stellungnahme abgeben, wenn sie konkret und fachlich fundiert erklären, welche gesundheitlichen Risiken ein Umzug mit sich bringen würde.

   

Der Fall

Ein Berliner Mieter, der seit 2006 in seiner Wohnung lebte, erhielt im Jahr 2020 eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Er widersprach der Kündigung und verwies auf erhebliche psychische Belastungen, die ein Umzug auslösen würde. Zur Unterstützung legte er eine Stellungnahme seines Psychoanalytikers vor, in der Depressionen, emotionale Instabilität und Existenzängste dokumentiert waren. Das Landgericht hielt das für unzureichend und verlangte ein fachärztliches Attest.

Der BGH sah das anders: Eine ausführlich begründete Stellungnahme eines Therapeuten könne ausreichen, wenn sie substantiiert, nachvollziehbar und plausibel ist. Entscheidend sei die inhaltliche Aussagekraft, nicht der Titel des Behandlers.

   

Was das Urteil für Vermieter bedeutet

Ein Widerspruch wegen gesundheitlicher Härte kann nicht mehr mit dem bloßen Hinweis abgewiesen werden, dass kein Facharzt beteiligt war. Auch Stellungnahmen von anderen medizinisch qualifizierten Behandlern – zum Beispiel Psychoanalytikern oder Heilpraktikern mit entsprechender Erlaubnis – müssen geprüft werden, wenn sie klar und nachvollziehbar die gesundheitlichen Folgen eines Umzugs beschreiben. Gerichte müssen sich künftig stärker mit dem Inhalt der Stellungnahme befassen – nicht mehr nur mit der Qualifikation des Verfassers. Für Vermieter heißt das: Härteeinwände sollten ernst genommen und sorgfältig geprüft werden.

   

Fazit von RA Gerhard Frieser, Vorsitzender Haus & Grund Nürnberg:

„Vermieter sollten jede gesundheitlich begründete Stellungnahme ernst nehmen – unabhängig davon, wer sie verfasst hat. Wer Zweifel an der Richtigkeit hat, sollte diese konkret benennen – etwa, wenn die Aussage widersprüchlich oder unklar ist, wichtige Informationen fehlen oder kein nachvollziehbarer Zusammenhang mit der Kündigung besteht. Das Gericht kann dann einen unabhängigen Gutachter einschalten. Dieser prüft nicht nur die Diagnose, sondern auch, wie schwer die gesundheitlichen Folgen eines Umzugs wären – etwa, ob eine Verschlechterung droht oder ernsthafte psychische Probleme zu erwarten sind. Diese Einschätzung kann dann entscheidend dafür sein, ob das Gericht die Kündigung trotz Widerspruchs für wirksam hält.“

   

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