Erfordert eine bauliche Veränderung einen Substanzeingriff?
veröffentlicht am: 29.08.2025
Ausgangslage:
Die bauliche Veränderung ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt, insbesondere in § 20 WEG: Darunter versteht man Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen). Diese müssen beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
Damit liegt eine bauliche Veränderung vor, wenn eine Maßnahme:
- über die ordnungsgemäße Erhaltung (Instandhaltung/Instandsetzung) hinausgeht,
- zu einer gegenständlichen Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums führt,
- nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt ist,
- zu einer Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Sollte ein Eigentümer eine bauliche Maßnahme ohne Beschluss der Gemeinschaft durchführen, kann die Beseitigung verlangt werden.
Entscheidung:
Der BGH (Urteil v. 18.07.2025, Az. V ZR 29/24) sieht auch eine bauliche Veränderung, wenn kein Substanzeingriff vorliegt. Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 WEG sei nicht in dem Sinne eindeutig und abschließend, dass nur Substanzeingriffe erfasst werden sollen. Allerdings liege eine bauliche Veränderung nicht vor, wenn ein Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum nur vorübergehend in einer bestimmten Weise nutze und zu diesem Zweck einen Gegenstand, wie beispielsweise tagsüber einen Sonnenschirm, aufstellen möchte; es bedürfe also einer gewissen Dauerhaftigkeit (s.o.) Systematische Überlegungen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WEG) sprächen für die "Einbeziehung erheblicher optischer Veränderungen der Gesamtanlage, die auf Dauer angelegt" seien. Entscheidend für die Einbeziehung auch sonstiger auf Dauer angelegter Maßnahmen ohne Substanzeingriff, die das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich veränderten, sprächen Sinn und Zweck von § 20 WEG. Der Gesetzgeber habe sich für einen Beschlusszwang entschieden. Dieses Schutzkonzept könne nicht sinnvoll davon abhängig gemacht werden, ob ein Substanzeingriff vorliege.
Zusammenfassung
Eine bauliche Veränderung im Sinne des WEG liegt vor, wenn eine auf Dauer angelegte, gegenständliche Umgestaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen wird, die über die ordnungsgemäße Erhaltung hinausgeht.
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