Recht & Gesetz Fachanwalt Oliver Fouquet informiert

Wer macht Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend?

veröffentlicht am: 14.12.2022

Ausgangslage:

Bis 2020 konnte jeder Eigentümer Mangelbeseitigungsansprüche inkl. etwaiger Vorschussansprüche, die das Gemeinschaftseigentum einer WEG betrafen, selbst geltend machen. Die Eigentümergemeinschaft konnte die Ansprüche an sich ziehen, um diese als Gemeinschaft geltend zu machen. Minderungsansprüche konnten ausschließlich von der Gemeinschaft geltend gemacht werden, Rücktrittsansprüche ausschließlich vom einzelnen Eigentümer.

Da das seit Dezember 2020 geltende WEG-Recht in § 9a Abs. 2 WEG ausschließlich die Gemeinschaft der Eigentümer als Anspruchsinhaberin ansieht und § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF infolge der in Kraft getretenen Reform des Wohnungseigentumsgesetzes ersatzlos entfallen ist, stellt sich die Frage, ob Mangelbeseitigungsansprüche immer noch durch die Gemeinschaft geltend gemacht werden können.

Entscheidung:

In der Entscheidung des BGH (Urteil v. 11.11.2022, Az.: V ZR 213/21) hatte die Eigentümergemeinschaft Mangelansprüche am Gemeinschaftseigentum unter Geltung des alten WEG-Rechts an sich gezogen.

Nach § 9a Abs. 2 WEG kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (ohne weiteres) die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer ausüben, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, und sie nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr.

Die Ansprüche auf Mangelbeseitigung ergeben sich jedoch aus den individuellen Erwerbsverträgen mit dem Bauträger. Daher stellte sich die Frage, ob diese auch vergemeinschaftet werden können.

Eine Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss wird durch § 9a Abs. 2 WEG nicht ausgeschlossen. Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergibt sich in der Sache unverändert aufgrund der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum sowie der in § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung.

Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung, der zufolge die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bauträgerrecht, nach der eine Vergemeinschaftung von werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen möglich war, fortgelten soll. Entsprechendes muss für die Vergemeinschaftung von kaufrechtlichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen gelten.


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