Restfeuchte im Neubau – zwischen Ausgleichsfeuchte und Baumangel

veröffentlicht am: 09.04.2021

Abhängig vom Haustyp werden über die Baumaterialien während der Bauphase tausende Liter Wasser verbaut. Bei Massivhäusern können durch Estrich, Mörtel und Co. beispielsweise weit über 8.000 Liter pro 100 Quadratmeter Wohnfläche zusammenkommen. Wird die Neubautrocknung vernachlässigt, kann das später existenzbedrohende Kosten verursachen. Mit der richtigen Vorgehensweise verhindern Bauherren teure Folgeschäden.

Neubaufeuchte birgt viele Risiken

Je schneller das geplante Eigenheim bereit für den Einzug ist, desto besser. Schließlich gehen mit jedem Tag in Miete zusätzliche Ausgaben einher. Gleichzeitig verursacht jeder Bautag Kosten für Fachkräfte, Fuhrpark und vieles mehr. Dementsprechend gelten ein zügiger Baufortschritt und kurze Bauphasen als Selbstverständlichkeit für einen wirtschaftlichen Hausbau.

Ein erhebliches Risiko, das mit diesem Zeitdruck einhergeht, betrifft das ins Gebäude eingebrachte Wasser: Kann die hohe Neubaufeuchte vor dem Einzug nicht ausreichend aus dem Bauwerk entweichen, drohen Schimmelpilzbefall, Schäden an der Einrichtung und im Extremfall sogar statische Probleme.

Laut Bauherren-Schutzbund e. V. zählt beispielsweise ein feuchter Estrich zu den zehn häufigsten Baumängeln, die wiederum kostenintensive Folgeschäden auslösen können. Bleibt die Restfeuchte unbemerkt und der Innenausbau wird fortgesetzt, machen die negativen Auswirkungen womöglich erst Monate später auf sich aufmerksam. Verfärbungen am Innenputz, Verformungen des Parkettbodens, Schimmel und ein muffiger Geruch sind im Schadensfall typische Folgen.

Ausgleichsfeuchte oder Nässe?

Dass Neubauten ein gewisses Maß an Feuchtigkeit aufweisen, ist völlig normal. Unter anderem treiben nass verarbeitete Baustoffe wie Estrich, Farben und Mörtel den Feuchtigkeitsgehalt in die Höhe. Weil zwischen Umgebung und Materialien generell ein Feuchtigkeitsaustausch stattfindet, lässt sich auch nach dem Einzug in einen Neubau eine Restfeuchte messen. Bewegt sich diese auf normalem Niveau, ist von der Ausgleichsfeuchte (Gleichgewichtsfeuchte) die Rede und es besteht kein Grund zur Sorge. Entscheidend ist, dass die Restfeuchte von Bauteilen kontrolliert wird, um die Neubautrocknung bedarfsgerecht vorzunehmen. Dies erledigen Fachbetriebe mit Feuchtigkeitsmessgeräten präzise.

Gezielte Trocknung mit Bautrockner

Weil die Trocknung von Bauteilen wie dem Estrich viel Zeit beansprucht, kommen spezielle Trocknungsgeräte zum Einsatz. Insbesondere Bauherren, die bislang in Miete wohnen, können mit einer professionellen Neubautrocknung Geld sparen: Die Energiekosten für den Betrieb von Bautrocknern sind deutlich geringer als die potenziellen Mietzahlungen aufgrund eines feuchten Neubaus, der den zeitnahen Umzug unmöglich macht.

Hinzu kommt, dass sich Bautrockner zu fairen Preisen mieten lassen und entsprechende Anbieter die Geräte auf Wunsch liefern, aufstellen, leeren und nach der Trocknungszeit wieder abholen. Wie viele Bautrockner eine effiziente Neubautrocknung erfordert, lässt sich bei Trocknungsfachbetrieben erfragen. Erfahrene Unternehmen beraten individuell und klären über die optimalen Gerätschaften sowie deren Platzierung innerhalb des Gebäudes auf. Die Menge hängt in erster Linie von der zu trocknenden Fläche ab.

Tipps zur manuellen Feuchtigkeitsreduzierung

Unabhängig von der Notwendigkeit leistungsstarker Bautrockner können Bauherren einiges zur Reduzierung der Baufeuchte beitragen:

  • Lüften: Unter anderem ist tägliches Stoß- und Querlüften des leeren Neubaus empfehlenswert – am besten mindestens viermal täglich für zehn Minuten. Bei diesem konsequenten Luftaustausch wird reichlich Feuchtigkeit aus der Immobilie befördert. Dauerhaft gekippte Fenster sind hingegen keine Option, weil der Luftaustausch minimal ist und die Bausubstanz auskühlen könnte.
  • Heizen: Gleichzeitig darf das Heizen sämtlicher Räume nicht vernachlässigt werden, falls die Neubautrocknung in den kalten Monaten des Jahres stattfindet.
  • Möblierung: Bis ein Neubau vollständig durchgetrocknet ist, können mehrere Heizperioden vergehen. Damit der Putz an den Wänden lückenlos trocknet, sollten Außenwände in der Trocknungsphase von innen nicht mit Schränken verstellt beziehungsweise Möbel mit ausreichend Abstand (ca. 5 cm) platziert werden.

Achtung Bauabnahme: Mängel protokollieren!

Vor dem Einzug in das neue Eigenheim ist eine offizielle Bauabnahme wichtig. Die Bedeutung dieses Termins wird jedoch von vielen Bauherren unterschätzt, obwohl es sich neben der Unterschrift des Bauvertrags um eine entscheidende Rechtshandlung handelt. Mit der Bauabnahme nimmt der Bauherr das Objekt mängelfrei beziehungsweise vertragsgerecht ab. Nach der offiziellen Abnahme hat sich die Beweislast umgekehrt und der Erfüllungsanspruch gegenüber des Baubetriebs ist erloschen. Wird erst danach ein Baumangel festgestellt – wie zum Beispiel ein nicht belegreifer Estrich – muss der Bauherr beweisen, wer Schuld daran hat.

Wer verhindern will, bei diesem elementaren Termin versteckte Mängel zu übersehen, zieht einen Sachverständigen hinzu. Sämtliche Mängel werden in einem Abnahmeprotokoll festgehalten. Damit der Beseitigungsanspruch bestehen bleibt, melden Bauherren ihren Vorbehalt an. Außerdem dürfen sie bei festgestellten Mängeln von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen und einen Teil der fälligen Restzahlung für das Gebäude einbehalten.

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