Zu hohe Standards gefährden Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum

veröffentlicht am: 08.05.2017

Standards sind wichtig, um eine zeitgemäße Qualität von Gebäuden zu gewährleisten. Doch führt die Erfüllung der Standards fast automatisch zu steigenden Herstellungskosten der Gebäude. „Immer neue und immer höhere Standards heißt, dass die Einstandskosten für Wohngebäude stetig weiter steigen und dies führt automatisch zu steigenden Mieten“, mahnte Dr. Ulrike Kirchhoff, Vorstand von Haus & Grund Bayern im Rahmen des Pressegesprächs anlässlich des Landesverbandstags 2017 in Nürnberg. „Der Gesetzgeber kann nicht auf der einen Seite klagen, dass Vermieter zu hohe Mieten verlangen und deshalb durch Maßnahmen wie die Senkung der Kappungsgrenze und die Mietpreisbremse tief in die Preisbildung des Immobilienmarktes eingreifen, auf der anderen Seite aber die technischen Anforderungen an das Bauen und Modernisieren immer weiter erhöhen und damit den Preisanstieg selbst verursachen,“ stellt RA Rudolf Stürzer, Aufsichtsratsvorsitzender von Haus & Grund Bayern, fest.

Den gestiegenen und auch weiterhin steigenden Herstellungskosten von Gebäuden liegt ein ganzes Ursachenbündel zu Grunde. Die Kostenexplosion beginnt bereits mit den zahlreichen Anforderungen, die an die Erschließung neuer Baugebiete gestellt werden: neben Straßen, Wasserver- und entsorgung müssen zusätzlich Ausgleichsflächen geschaffen und finanziert werden, um den Eingriff in die Natur „auszugleichen“. Wie die Baukostensenkungskommission ermittelt hat, sind insbesondere die Planungskosten des Bauens besonders stark gestiegen, da immer mehr Experten und Gutachter bei der Planung von Gebäuden benötigt werden. Höhere Kosten entstehen auch durch höhere Anforderungen an den Schallschutz, an notwendigerweise nachzuweisende Stellplätze oder an die energetische Effizienz. Für neue Gebäude ist bestenfalls ein Belüftungskonzept zu erstellen, im teuersten Fall eine kostspielige Belüftungsanlage einzubauen. Das sind nur einige Beispiele von vielen.

Damit aber nicht genug: Etwa um die Elektromobilität weiter durchzusetzen sollen Parkplätze von Neubauten künftig zumindest vorverkabelt werden. Doch auch Bestandsgebäude sind betroffen: „Werden an Bestandsgebäuden umfassende Renovierungen durchgeführt, ohne dass von diesen Maßnahmen die Parkplätze erfasst werden, müssen Parkplätze dennoch für die Nutzung durch Elektrofahrzeuge vorverkabelt werden“, erläuterte Dr. Kirchhoff. „Zusätzliche Kosten sind zu erwarten, wenn Gebäudeüberwachungs- und Steuerungssysteme für Wohngebäude mit mehr als 100 kWh Primärenergieverbrauch eingebaut werden müssen, das dürften bereits Gebäude mit mehr als 3 Wohneinheiten sein“, gab RA Stürzer zu bedenken. Die zunächst im energetischen Bereich geplanten Verschärfungen sind zwar zurzeit ausgesetzt. Wie die Erfahrung zeigt, dürfte die Verwirklichung der geplanten Maßnahmen aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben sein.

So werden die Anforderungen immer weiter hoch geschraubt. Damit steigen zwangsläufig die Kosten. Statt zu prüfen, inwieweit nicht unbedingt notwendige, aber teure Standards abgebaut werden können, damit die Herstellungskosten der Gebäude gesenkt oder zumindest – was ein Erfolg wäre – stabil gehalten werden könnten, versucht der Gesetzgeber über dirigistische Eingriffe wie die Senkung der Kappungsgrenze oder die Mietpreisbremse den Anstieg der Mieten zu reduzieren. „Solche Eingriffe führen jedoch mittelfristig nur dazu, dass zumindest private Investoren immer weniger Anreize sehen, in den Wohnungsbau zu investieren“, so RA Stürzer. Wird zusätzlich zu den bestehenden mietrechtlichen Vorschriften noch in die Mietpreisbildung eingegriffen, verschreckt das Investoren noch mehr – spätestens dann, wenn die Renditemöglichkeiten am Finanzmarkt wieder gegeben sind.

„Mehr – günstige – Wohnungen sind nur dann zu schaffen, wenn es gelingt, die Herstellungskosten auch durch eine Überprüfung der Standards zu reduzieren und Investoren nicht noch mehr mietrechtliche Hindernisse in den Weg zu erstellen“, betonte Dr. Kirchhoff. Deshalb ist die staatliche Förderung gut und wichtig, aber es müssen die Voraussetzungen auch im rechtlichen und technischen Bereich geschaffen werden, damit die für die Zukunft notwendigen kostengünstigen Wohnungen geschaffen werden.

Haus & Grund Bayern ist der Landesverband der bayerischen Haus-, Wohnungs- und Grundbesitzervereine, gesetzlich vertreten durch Dr. Ulrike Kirchhoff, Vorstand, und RA Peter Schicker, stellvertretender Vorstand. Dem Landesverband gehören 105 Vereine an, die die Interessen von rund 130.000 Mitgliedern – Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in Bayern – vertreten.